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SCHWEIZ: Konzerninterner Personalverleih – Beurteilung der Bewilligungspflicht

Text vom SECO, Kreisschreiben vom 20. Juni 2017

Präzisierung der Weisungen und Erläuterungen zum AVG

Beim SECO gehen regelmässig Fragen zum konzerninternen Personalverleih ein. Die Fragesteller berufen sich dabei auf die in den Weisungen (…)

 

 

(…)
und Erläuterungen (*) gemachten Ausführungen zum bewilligungsfreien konzerninternen Personalverleih. Darin hatte man bei Vorliegen von gewissen Voraussetzungen im Sinn einer Ausnahme von einer Bewilligungspflicht abgesehen. Eine generelle Befreiung von der Bewilligungspflicht beim Personalverleih innerhalb eines Konzerns war jedoch nie beabsichtigt. Hierzu fehlt es denn auch an der gesetzlichen Grundlage. Nachfolgend wird dargelegt, wie der Personalverleih im Konzernverhältnis zu beurteilen ist und in welchen Einzelfällen von einer Bewilligungspflicht abgesehen werden kann.

(*) Weisungen und Erläuterungen zum Arbeitsvermittlungsgesetz (AVG), zur Arbeitsvermittlungsverordnung (AVV) und der Gebührenverordnung zum Arbeitsvermittlungsgesetz (GebV-AVG), S. 147; publiziert 2003

Konzern

Das schweizerische Recht kennt keine Regelung des Konzernrechts. Jede einzelne Konzerngesellschaft wird grundsätzlich als ein rechtlich selbstständiges Gebilde mit eigenen Organen behandelt, welche die Geschäfte im Interesse der Gesellschaft und nicht des Konzerns, anderer Gesellschaften oder des sie beherrschenden Anteilsinhabers zu tätigen haben. Rechtsgeschäfte zwischen solchen Gesellschaften sind deshalb zu den gleichen Bedingungen abzuwickeln, wie sie auch mit aussenstehenden Dritten vereinbart würden (BGE 138 II 57, E.4.1.).

Regelung des konzerninternen Personalverleihs im AVG

Das AVG beinhaltet keine spezifischen Regelungen zum konzerninternen Personalverleih. Die Bewilligungspflicht ist nach den üblichen Kriterien zu beurteilen. Eine Bewilligungspflicht ist im Grundsatz auch bei Verleihverhältnissen innerhalb des Konzerns gegeben.

Verleihtypische Aspekte

Das dem Personalverleih zugrundeliegende Dreiparteienverhältnis führt zu einer Aufspaltung der Arbeitgeberfunktion. Der Arbeitgeber (Verleiher) überlasst seinen Arbeitnehmenden einem Dritten (Einsatzbetrieb) zur Arbeitsleistung. Der Dritte verfügt gegenüber dem verliehenen Arbeitnehmenden über wesentliche Weisungsbefugnisse und übernimmt Überwachungs- und Fürsorgepflichten. Er ist faktischer Arbeitgeber, jedoch nicht rechtlicher.

Der verliehene Arbeitnehmende ist im Vergleich zu den Festangestellten im Einsatzbetrieb in der Regel weniger gut integriert. Eine Schlechterstellung kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Der Arbeitnehmende muss sich unter Umständen gegenüber zwei Parteien, dem Einsatzbetrieb und dem Arbeitgeber, durchsetzen. Die Distanz zum Arbeitgeber kann bspw. dazu führen, dass der Arbeitnehmende keine Kenntnis von dessen Unterkapitalisierung erfährt und nicht rechtzeitig notwendige Massnahmen ergreifen kann.

Weisungen und Erläuterungen zum Arbeitsvermittlungsgesetz (AVG), zur Arbeitsvermittlungsverordnung (AVV) und zur Gebührenverordnung (GebV-AVG)

In den genannten Weisungen war das SECO von der Annahme ausgegangen, dass die von einer Konzerngesellschaft an eine andere entliehenen Arbeitnehmenden in einem Einzelfall Berufs- undIoder Auslandserfahrung sammeln oder einen Knowhow-Transfer, z.B. die Einarbeitung an einer neuen Maschine oder die Implementierung einer Konzern-Software, umsetzen würden. Das SECO hatte diese Art von konzerninternem Personalverleih bewilligungsfrei zugelassen mit der Überlegung, dass in solchen Einzelfällen das Interesse des Arbeitgebers an einer raschen und barrierefreien Umsetzung gross sei und dabei berücksichtigt, dass das gelegentliche Überlassen von Arbeitnehmenden e contrario zu Art. 28 Abs. 1 AVV von der Bewilligungspflicht ausgenommen ist.

Entwicklung in den darauffolgenden Jahren

In den Folgejahren stellte das SECO vermehrt fest, dass der konzerninterne Personalverleih von den Konzerngesellschaften auf gewerbsmässige Verleihtätigkeiten ausgedehnt worden war und gewisse Konzerngesellschaften sogar dazu übergehen wollten, eigentliche Gesellschaften innerhalb des Konzerns zu gründen, die den Personalbedarf des ganzen Konzerns abdecken sollten. Diese Entwicklung hat das SECO dazu veranlasst, den konzerninternen Personalverleih nur noch in beschränktem Mass bewilligungsfrei zuzulassen. Diese Weisung ruft die bestehende Vollzugspraxis in Erinnerung und präzisiert, unter welchen Umständen der Personalverleih innerhalb des Konzerns bewilligungsfrei zugelassen werden kann.

Bewilligungsfreier konzerninterner Personalverleih – Ausnahmetatbestand

Im Sinn eines Ausnahmetatbestands kann der Personalverleih innerhalb des Konzerns bewilligungsfrei zugelassen werden, wenn es sich um einen Einzelfall handelt und ausschliesslich den Erwerb von Erfahrungen in fachlicher, sprachlicher oder anderweitiger Hinsicht fördert, dem Knowhow-Transfer innerhalb des Konzerns dient oder gelegentlich im Sinn des AVG (Art. 12 AVG i.V.m. Art. 27 Abs. 4 AVV) vorkommt. Die nachfolgend aufgeführten Kriterien können ein Indiz für einen bewilligungsfreien konzerninternen Personalverleih sein:

  • Der Arbeitnehmende wird hauptsächlich zur Arbeitsleistung in der einen Gesellschaft des Konzerns angestellt. Der Personalverleih an eine andere Gesellschaft des Konzerns ist grundsätzlich nicht beabsichtigt und erfolgt lediglich im Einzelfall.
  • Der Personalverleih gehört nicht zum Hauptzweck der verleihenden Gesellschaft.
  • Der Personalverleih ist zeitlich begrenzt.
  • Der Personalverleih erfolgt gelegentlich. Der Arbeitgeber kann bspw. einen Auftragseinbruch überbrücken und der Einsatzbetrieb einen kurzfristigen Bedarf an zusätzlichem Personal konzernintern abdecken. 
  • Im Vordergrund stehen der Erwerb von Erfahrung undIoder die AneignungIWeitergabe spezifischer Kenntnisse und Wissens.
  • Der Arbeitnehmende hat die Möglichkeit einen Auslandsaufenthalt oder eine Berufserfahrung in einer anderen Konzerneinheit zu machen.
  • Es findet ein Knowhow-Transfer innerhalb des Konzerns statt, indem bspw. eine neue Software im ganzen Konzern implementiert oder ein Arbeitnehmender an einer neuen Maschine eingeschult wird.

Grenzüberschreitender bewilligungsfreier konzerninterner Personalverleih

Spielt sich ein grenzüberschreitender Personalverleih innerhalb des oben erläuterten Rahmens ab, kann dieser – entgegen der gesetzlichen Bestimmung von Art. 12 Abs. 2 AVG – ebenfalls bewilligungsfrei zugelassen werden.

Verbotener Weiterverleih

Auch beim konzerninternen bewilligungsfreien Personalverleih muss sichergestellt sein, dass dieser sich bloss innerhalb des Konzerns abspielt und kein verbotener Weiterverleih nach Art. 26 Abs. 3 AVV vorliegt.

Bewilligungspflichtiger konzerninterner Personalverleih – Regelfall

Jeglicher über den oben beschriebenen Ausnahmetatbestand hinausgehende Personalverleih ist stets bewilligungspflichtig. Dies gilt insbesondere für die eigens innerhalb des Konzerns kreierten Gesellschaften, die anderen Konzerngesellschaften Personal überlassen (sogenannte „Staffingfirmen“). In diesen Fällen liegt Gewerbsmässigkeit im Sinn des AVG vor und es bestehen dieselben dem Dreiparteienverhältnis inhärenten Gefahren wie bei den übrigen Personalverleihgesellschaften. Den betroffenen verliehenen Arbeitnehmenden ist der vom Gesetzgeber gewollte Schutz zu gewahren, weshalb dieser gewerbsmässig betriebene konzerninterne Personalverleih der Bewilligungspflicht nach AVG unterstellt ist. Bei diesem ist davon auszugehen, dass die in der Form der Leiharbeit verliehenen Arbeitnehmenden auf unbestimmte oder längerfristige Dauer angestellt sind. Darin unterscheidet sich der bewilligungspflichtige konzerninterne Personalverleih von dem Art.13 Abs. 1 Bst. c AVG i.V.m. Art. 32 Abs. 2 AVV zugrundeliegenden Sachverhalt. Mit dieser gesetzlichen Bestimmung soll die Benachteiligung des zwischen Konzerngesellschaften kurzfristig in der Form der Temporärarbeit verliehenen Arbeitnehmenden verhindert werden (kürzere Kündigungsfrist während der ersten drei Monate, verzögerte Aufnahme in die Pensionskasse, usw.)

AVG im Verhältnis zum Entsendegesetz (**), EntsG

Im grenzüberschreitenden Kontext führen Konzerne manchmal an, dass mit Art. 1 Abs. 1 Bst. b EntsG der grenzüberschreitende konzerninterne Personalverleih erlaubt sei. Sie berufen sich dabei auf den Wortlaut, der besagt, dass „unter das EntsG auch Arbeitgeber mit Sitz im Ausland fallen, die ihre Arbeitnehmenden in die Schweiz entsenden, damit diese hier für einen bestimmten Zeitraum in einer Niederlassung oder einem Betrieb arbeiten, der zur Unternehmensgruppe des Arbeitgebers gehört.“ Aus der Botschaft und den Materialien zum EntsG kann entnommen werden, dass der Gesetzgeber auch für das EntsG ausdrücklich festhielt, dass das AVG mit seinem Verbot des Personalverleihs vom Ausland in die Schweiz nach Art. 12 Abs. 2 AVG vorbehalten bleibe. Mit Art. 1 Abs. 1 Bst. b EntsG wollte der Gesetzgeber einzig festlegen, dass auch in diesem Fall eine Entsendung vorliegt und damit das EntsG beachtet werden muss, wenn ein Arbeitnehmender innerhalb eines Konzerns zum Einsatz gebracht wird. Auch in diesem Fall verbleibt das Weisungsrecht über den eingesetzten Arbeitnehmenden wie bei der Entsendung nach Art. 1 Abs. 1 Bst. a EntsG beim entsendenden Betrieb als Arbeitgeber und liegt somit kein Personalverleih vor. Auch mit der Berufung auf das EntsG können somit die Regelungen des AVG nicht umgangen werden und der konzerninterne Personalverleih darf nur ausnahmsweise dann zugelassen werden, wenn die oben beschriebenen Umstände vorliegen.

(**) Bundesgesetz vom 8. Oktober 1999 über die flankierenden Massnahmen bei entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und über die Kontrolle der in Normalarbeitsverträgen vorgesehenen Mindestlöhne, Entsendegesetz, EntsG, SR 823.20

 

 

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