Wenn Unternehmen Mitarbeitende ins Ausland schicken, muss ein fairer Ausgleich zwischen den Interessen der Firma und der betroffenen Mitarbeitenden gefunden werden. Dabei hilft es, die gebräuchlichsten Vergütungsmodelle und …
… Transfer-Typologien zu kennen, denn sie sind massgeblich für die jeweiligen «Packages». Aber Achtung: Nicht alle Kosten sind bereits in diesen Paketen einberechnet. «Expat Packages» werfen oft lange Schatten. Erst eine sorgfältige Kalkulation der Gesamtkosten ergibt ein vollständiges Bild.
Zwei hauptsächliche Kostenfaktoren
Die Höhe von Entsendekosten hängt grundsätzlich von zwei Faktoren ab: Zum einen bestimmt die Entsende- oder Transferpolitik eines Unternehmens das Vergütungspaket. Je attraktiver diese Pakete für die Mitarbeitenden ausfallen, desto teurer werden sie fürs Unternehmen. Gleichzeitig haben Unternehmen aber die Möglichkeit mit attraktiven «Packages» Mitarbeitende auch enger und länger an sich zu binden.
Zum anderen beeinflusst die Konstellation von Ursprungs- und Gastland die Gesamtkosten einer Auslandentsendung. Je nach «Home/Host»-Kombination fallen nämlich für das Unternehmen weitere Aufwendungen durch sozialversicherungs- und/oder steuerpflichtigen Zulagen an, Kosten welche in einer «Gross-Up»-Berechnung ersichtlich werden. Je nach Gastland fallen die Ausgaben im Vergleich zu Mitarbeitenden zuhause zwischen 1.5 und 3 Mal höher aus. Das Vergütungspaket alleine zeigt die gesamten Kosten eines Auslandeinsatzes nur unvollständig. Gewichtige Zusatzkosten werfen oft lange finanzielle Schatten auf die Gesamtkosten. Bevor Mitarbeitenden also ein Entsendungsvertrag mit einem definierten Vergütungspaket unterbreitet wird, sollten die Gesamtkosten sorgfältig eruiert und kalkuliert werden.
Situativ passende Vergütungsansätze
Bei den meisten Unternehmen folgen die Vergütungsansätze einem der nachfolgend dargestellten Modelle.
«Home Country-Ansatz»: Der Favorit
Dieses Modell will verhindern, dass Mitarbeitende während ihres Auslandeinsatzes finanzielle Nachteile erleiden. Daher wird das Modell auch als «Balance-Sheet-» oder «Netto-Garantie-Ansatz» bezeichnet. Es eignet sich für zeitlich begrenzte Einsätze besonders gut. Vergütungspakete können dabei unterschiedlich grosszügig ausgestaltet sein – von «Light» über «Standard» bis hin zu «Premium».
Es empfiehlt sich, insbesondere die nachfolgenden Vergütungs- und Kostenbestandteile in einem Entsendereglement und im jeweiligen Entsendevertrag zu definieren und sich Rechenschaft darüber zu geben, was Bestandteil des Vergütungspakets ist und welche Kosten darüber hinaus in eine Gesamtkostenberechnung einfliessen.
Folgende Bestandteile und Grundsatzüberlegungen fliessen regelmässig in ein Vergütungspaket ein. Sie definieren die Höhe des monatlichen Lohns und Benefits:
- Das Salär aus dem Ursprungsland bleibt auch während des Auslandeinsatzes massgebend. Allenfalls wird es an die (meist grössere) Verantwortung der Tätigkeit im Gastland angeglichen.
- Die veränderten Lebenshaltungskosten sollen ausgeglichen werden. Je nach Destination kann dies bei Entsendungen aus der Schweiz für Mitarbeitende auch einen Abzug bedeuten. Bei Kurzzeit-Entsendungen mit maximaler Einsatzdauer von 6 bis 12 Monaten kann in Anlehnung an ein allfälliges Geschäftsreisereglement alternativ auch mit einer Tagespauschale («per diem») gearbeitet werden.
- Eine Erschwerniszulage wird für Gastländer mit übermässig schwierigen oder gefährlichen Bedingungen entrichtet. Beispiele dazu sind etwa extreme Klimabedingungen, hohe Kriminalitätsraten, gesellschaftliche Isolation, politische Instabilität oder auch der Zustand des Gesundheitssystems.
- Die Wohnkosten im Gastland werden oft teilweise vom Unternehmen übernommen. Für Kurzzeit-Entsendungen ist die volle Übernahme eines möblierten Studios oder Apartments im Gastland üblich.
- Eine Mobilitätsprämie kann als Anreiz für die Annahme der Entsendung ausgerichtet werden. Dies ist in der globalisierten Welt nur noch für geschäftskritische Einsätze angebracht, oder wenn sich schwerlich jemand für den Einsatz motivieren lässt.
- Die Schulkosten für Kinder im Gastland können teilweise oder vollumfängliche übernommen werden, wenn die öffentlichen Schulen nicht in Frage kommen. Bei Kurzzeit-Entsendungen entstehen meist keine Schulkosten, da die Familie in der Regel im Ursprungsland bleibt.
- Firmenwagen oder anderweitige Transportzulagen.
Zu den oben aufgeführten Lohnbestandteilen des Vergütungspakets kommen weitere Ausgaben auf ein Unternehmen zu. Diese Kosten müssen ebenfalls in die Gesamtkostenberechnung einfliessen (Liste nicht abschliessend):
- Die Umzugskosten inklusive Ein/Auspacken, Versicherungen, Zoll und dergleichen können rasch einen beachtlichen Bestandteil der Gesamtkosten bilden. Bei Kurzzeit-Entsendungen entfallen hier meist diese Kosten, da kein eigentlicher Umzug stattfindet.
- Eine Unterstützung des (Ehe)Partners erfolgt heute meist als Sachleistung wie etwa als Betreuung durch Visa-Spezialisten, Beiträge an Weiterbildungskosten, Berufsberatung oder Unterstützung bei der Arbeitssuche im Gastland. Bei Kurzzeit-Entsendungen ist ein so genannter «Spouse Support» wenig relevant, da Partner meist im Ursprungsland verbleiben.
- Zusätzliche Sozialversicherungsbeiträge: Entsandte kommen im Rahmen ihres Vergütungspakets weiterhin für ihre Arbeitnehmerbeiträge gemäss Basissalär im Ursprungsland auf, sofern und solange ein Verbleib darin möglich ist. Der Arbeitgeber kommt für eine allfällige Arbeitnehmerbeitragspflicht für die Zulagen auf. Können Mitarbeitende nicht vom Beitritt in die Sozialversicherungen des Gastlandes befreit werden, weil etwa kein Sozialversicherungsabkommen zwischen den beiden Ländern besteht, übernimmt der Arbeitgeber in aller Regel auch diese zusätzlichen Arbeitnehmer- sowie Arbeitgeberbeiträge. In gewissen Gastländern können diese Beiträge nach der Repatriierung wieder zurückgefordert werden.
- Steuern: Im Vergleich zum Ursprungsland höhere Einkommenssteuern im Gastland gehen zu Lasten des Arbeitgebers. Zu beachten ist dabei, dass hohe Zulagen die Steuerlast im Gastland rasch in hohe Progressionsstufen treiben.
- Währungsrisiko: Je nach Auszahlungsort der Vergütung (Ursprungsland, Gastland) sollten bei übermässig hohen Währungsschwankungen Korrekturanpassungen vorgenommen werden. Durch Anwendung der «Split-Pay»-Methode wird das Währungsrisiko für Mitarbeitende beschränkt. Je nach Gastland drängt sich für Arbeitgeber die Bildung von Rückstellungen auf.
«Host Country-Ansatz»: Die Lokalanstellung im Gastland
Beim Gastlandprinzip richtet sich das Salär des Mitarbeitenden nach den lokalen Marktgegebenheiten. Dies bringt den Vorteil, dass im Gastland keine Zweiklassenbehandlung entsteht und der ausländische Mitarbeitende etwa gleichviel verdient wie ein Fachkollege vor Ort. Dieser Ansatz kann für Auslandstätigkeiten mit unbeschränkter oder zumindest mehrjähriger Dauer sinnvoll sein. Auf Dauer funktioniert dieses Modell aber nur, wenn das Lohnniveau im Gastland mit jenem im Ursprungsland vergleichbar oder höher ist. Daher überrascht es nicht, dass in der Schweiz viele ausländische firmeninterne Kollegen zu lokalen, d.h. schweizerischen Bedingungen angestellt werden. Umgekehrt wird ein Schweizer sein hiesiges Salär kaum gegen ein Marktsalär in Jakarta eintauschen wollen. Ganz zu schweigen vom Wechsel vom schweizerischen ins indonesische Sozialversicherungssystem.
«Local Plus-Ansatz»: Die hybride Lösung
Dieses in den letzten Jahren immer häufiger anzutreffende Modell ergänzt eine Lokalanstellung im Gastland mit zusätzlichen, individuell ausgehandelten Benefits. Das Salär entspricht dabei also jenem von lokalen Fachkollegen, jedoch kommen gewisse zusätzliche Zulagen aus den klassischen «Expatriate Packages» hinzu. Typische «Plus-Elemente» sind etwa Beteiligungen an Schul- und/oder Wohnkosten, welche auch über ein paar Jahre stufenweise ausgeschlichen werden können. Damit kann «Local Plus» flexibel die Erwartungen von Mitarbeitenden berücksichtigen. Aus Unternehmersicht fällt zudem die Integration in das lokale System einfacher. Aber auch mit diesem Modell ist ein Transfer nur erfolgreich, wenn das Gastland gewisse Ähnlichkeiten zum Ursprungsland hat. Ein Schweizer Fachexperte wird kaum aufgrund einiger «Plus-Benefits» zu lokalen, z.B. indonesischen Bedingungen nach Jakarta umsiedeln, ausser es handelt sich um einen opportunistischen, selbst angetriebenen Wunsch, dort zu leben und zu arbeiten.
Die Popularität und die Flexibilität in der individuellen Ausgestaltung der «Local Plus»-Packages werden unter Fachleuten nicht nur positiv gesehen. Die individuelle Aushandlung nach dem Motto «Wer am lautesten schreit, ….» bedeutet einen Rückschritt bezüglich der seit Jahren gepredigten Transparenz, Gleichbehandlung und Fairness gegenüber allen Peers.
«Hauptsitz-» oder «Internationaler Ansatz»: Für die globalen Nomaden
Bei dieser Methode werden Entsandte zu Berechnungszwecken, ohne Rücksicht auf ihre Ursprungsländer, in die Gehaltsstruktur jenes Landes transferiert, in welchem sich der Hauptsitz befindet («Hauptsitz-Ansatz»). Alternativ kann die fiktive Gehaltsstruktur auch über einen Mix von etwa drei Ländern mit attraktiven Salär-Niveaus konstruiert werden («Internationaler Ansatz»). Die oben bereits erläuterte «Balance Sheet Berechnung» wird dann unter Verwendung dieser fiktiven Basis als «Home Country» vorgenommen.
Bei diesen Ansätzen werden erlesene Kaderleute, welche seit vielen Jahren für ein Unternehmen flexibel unterwegs sind und von einer Entsendung in die nächste wechseln, unabhängig von ihrem Ursprungsland gleichbehandelt. Ziel dieser Ansätze ist, die wertvollen «Career Expats», die oft auch «globale Nomaden» genannt werden, auf einer attraktiven Salärbasis zu halten. Diese Modelle sind sehr teuer.
Vergütung nach Transfer-Typ
Nicht jede Versetzung ins Ausland bringt der Firma den gleichen Nutzen. Daher ist es empfehlenswert, bei der Festsetzung des Salärs, der weiteren Vergütungselemente und allfälliger Zusatzzahlungen diese Nutzenkomponente in der Gleichung als Variable aufzuführen. Es geht nicht in erster Linie darum, für jeden einzelnen Transfer ein massgeschneidertes Angebot zusammenzustellen, sondern um das Typologisieren der mobilen Arbeitskräfte nach Nutzenaspekten hinsichtlich Personalentwicklung und Geschäftsinteressen. So können wie in der nachfolgenden Grafik aufgezeigt, gewisse Transfers für das Tagesgeschäft oder gar den langfristigen Geschäftserfolg einer Gesellschaft entscheidend sein, während andere Auslandversetzungen lediglich ein typischer Teil eines Personalentwicklungsprogramms sind und weitere Auslandeinsätze allein aus persönlichen Beweggründen des Arbeitnehmers erfolgen. Die jeweilige Interessenkonstellation des Unternehmens und der zu entsendenden Mitarbeitenden bestimmen die Wahl des passenden Vergütungspakets.