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Revision der Quellensteuerverordnung gilt ab Januar 2021

Text von Cyrill Habegger & Dejan Milosevic, BDO

Am 1. Januar 2021 tritt die Revision der Quellensteuerverordnung in Kraft, die den Zweck verfolgt, der jüngeren Rechtsprechung und den technischen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Gleichzeitig soll die Rechtssicherheit für Arbeitgebende und Arbeitnehmende erhöht werden.

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Auf welche Änderungen müssen sich fast alle Arbeitgeber, die quellensteuerpflichtige Mitarbeitende beschäftigen, bei der Abrechnung der Quellensteuer einstellen?

 

Worum geht es?

Im Schatten grösserer Gesetzesänderungen im Steuerbereich in der Schweiz (z.B. die sogenannte «STAF») wurden auch die Regeln zur Quellenbesteuerung des Erwerbseinkommens von Arbeitnehmenden revidiert. Da die Revision einigermassen unbestritten war und mangels Referendum nicht zur Abstimmung gelangte, sind die in Kraft tretenden Neuerungen nicht allen im Detail bekannt. Dies, obwohl sie für viele Unternehmen sehr relevant sind.

Hauptantrieb für die Revision der Quellensteuerverordnung (QStV) waren Urteile des Schweizer Bundesgerichts und des Europäischen Gerichtshofs (EUGH), worin beide übereinstimmend zum Schluss kamen, dass das aus dem Jahr 1995 stammende Schweizer Quellensteuersystem mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU nicht mehr kompatibel ist. Künftig sollen in- und ausländische Arbeitnehmende gleichbehandelt werden. Mit dem am 12. Juni 2019 von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) publizierten Kreisschreiben Nr. 45 zur «Quellenbesteuerung des Erwerbseinkommens von Arbeitnehmern» soll die überarbeitete Quellensteuerverordnung präzisiert werden. Das Kreisschreiben Nr. 45 («KS 45») hat schweizweite Gültigkeit und ist von allen Kantonen anzuwenden.

 

Die wichtigsten Änderungen für den Arbeitgeber

Als Schuldner der steuerbaren Leistung (SSL) ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, die Quellensteuer einzubehalten und abzuführen, weshalb die Neuregelungen und Präzisierungen in der QStV überwiegend Arbeitgebende betreffen. Ins Auge stechen insbesondere die grösseren Veränderungen in Bezug auf den Abrechnungskanton oder Anpassungen bei den Tarifen. Gegebenenfalls besteht jedoch auch bei Teilzeitangestellten Handlungsbedarf; zudem dürften Fragestellungen rund um die «faktische Arbeitgeberschaft» vermehrt im Raum stehen.

 

Abrechnungskanton

Quellensteuern müssen künftig zwingend mit den zuständigen Kantonen abgerechnet werden. Die Abrechnung aller quellenbesteuerten Arbeitnehmenden im Sitzkanton des Unternehmens bzw. des Arbeitgebers ist nicht mehr erlaubt. Dies wird einige Arbeitgeber dazu zwingen, umzustellen und sich allenfalls sogar mit einem Abrechnungsmodell auseinanderzusetzen, das im Sitzkanton nicht angewandt wird. In der Deutschschweiz kennt man vorwiegend das Monatsmodell. Es existiert in der Quellenbesteuerung jedoch auch ein Jahresmodell. Dieses wird zurzeit (und auch nach dem 1.1.2021) von den Kantonen Tessin, Freiburg, Genf, Waadt und Wallis angewandt. Auch in diesen Kantonen muss der Arbeitgebende die Quellensteuer monatlich einbehalten und abrechnen, allerdings erfolgt ein Jahresabgleich. Bei Spezialfällen, wie einem Wohnsitzwechsel in Kombination mit dem 13. Monatslohn, kann sich die Abrechnung im Jahresmodell kompliziert gestalten, wenn die Lohnsoftware nicht automatisch «das Richtige» tut.

Eine Abrechnung im Kanton des Unternehmenssitzes ist lediglich in Spezialfällen vorzunehmen, so z.B. bei Verwaltungsratshonoraren für Mitglieder des Verwaltungsrats mit Ansässigkeit im Ausland oder auch exportierten Mitarbeiterbeteiligungen.

 

Tarife

Die Tarife bleiben zwar weitgehend gleich, in der neuen QStV fallen die Tarife D und O aber gänzlich weg. Tarif D ist der reduzierte Tarif für die Nebenerwerbs- oder Ersatzeinkünfte, Tarif O ebenfalls, jedoch für deutsche Grenzgänger. Auch dies dürfte zahlreiche Arbeitgeber zu Umstellungen im Lohnabrechnungssystem zwingen. Zudem müssen zukünftig umfangreiche Informationen von den Quellenbesteuerten eingefordert werden. Bisher wurden diese im Nebenerwerbstarif abgerechnet, da man den korrekten Tarif und gegebenenfalls den korrekten satzbestimmenden Lohn eruieren muss.

 

Teilzeitangestellte

In diesem Zusammenhang dürfen auch Teilzeitangestellte erwähnt werden, die bislang vielerorts zum Tarif D abgerechnet wurden. Für diese wird zukünftig nicht nur der ordentliche Tarif (typischerweise A, B oder C), sondern auch das satzbestimmende Monatseinkommen zu bestimmen sein, was es für Arbeitgebende nicht einfacher macht, die Quellensteuern korrekt abzuführen. Der Arbeitgeber ist auf die Auskunft seiner Teilzeitangestellten angewiesen (s. auch Abschnitt «Informationsstand» weiter unten) und darf sich bei unzureichendem Informationsstand auch der einen oder anderen «Pauschalvariante» bedienen (s. Beispiele unten aufgelistet). Es gibt für die Ermittlung des satzbestimmenden Einkommens und schlussendlich für die korrekte Quellensteuertarifanwendung grundsätzlich vier Möglichkeiten, je nachdem welche Informationen dem Arbeitgeber vorliegen. Die Details können Ziffer 6.4 KS 45 und den dortigen Beispielen dazu entnommen werden:

  1. Satzbestimmender Lohn = steuerpflichtiger Lohn, wenn der Teilzeitangestellte keiner weiteren Beschäftigung nachgeht;
    • Satzbestimmender Lohn wird durch Umrechnung der aktuellen Anstellung auf ein 100-Prozent-Pensum bestimmt;
  2. Einrechnen des maximalen satzbestimmenden Einkommens des Ehegatten beim Tarifcode C (insbesondere wenn Pensum nicht bestimmbar ist);
  3. Satzbestimmender Lohn wird durch Addition sämtlicher Bruttolöhne bestimmt;
  4. Satzbestimmender Lohn wird durch Addition aller (bekannter) Teilzeitpensen bestimmt.

Die letzten beiden Varianten sind vorwiegend bei verschiedenen Anstellungen in verbundenen Unternehmen denkbar. Haben Angestellte völlig unabhängige Arbeitgeber ist im Lichte des Datenschutzes das Klären der anderen Pensen/Bruttolöhne allenfalls kritisch.

Bei Angestellten im Stunden- oder Tageslohn sollten sich aus diesen Neuregelungen und dem Wegfall des Tarifs D keine Veränderungen ergeben.

 

Faktische Arbeitgeberschaft

Im KS 45 wird auch der vielerorts bereits bekannte «faktische Arbeitgeber» schweizweit eingeführt und einheitlich definiert. Die Prüfung, ob ein faktischer Arbeitgeber vorliegt, ist insbesondere bei konzerninternen Arbeitnehmer-Entsendungen zentral. Zahlreiche Schweizer Betriebe dürften aufgrund dieser Regelungen überraschenderweise verpflichtet sein, Quellensteuern abzuführen.

Wie wird der faktische Arbeitgeber bestimmt?

Der Begriff des «faktischen Arbeitgebers» wird in Ziffer 2.2.3 des KS 45 näher erläutert: Als faktischer Arbeitgeber gilt demnach derjenige, der die Weisungshoheit gegenüber dem Mitarbeitenden ausübt. Des Weiteren muss die Arbeitsleistung oder -Produkt dem schweizerischen Arbeitgebenden geschuldet bzw. muss die Art der erbrachten Leistung ein integraler Bestandteil der Geschäftstätigkeit des schweizerischen Arbeitgebenden sein. Darüber hinaus muss der Arbeitnehmende in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert sein und der Arbeitgebende trägt die Verantwortung und das Risiko für die Leistung des entsandten Mitarbeitenden. Bei Vorliegen einer faktischen Arbeitgeberschaft ist eine Quellensteuerpflicht in der Schweiz gegeben, dies auch bei allfällig fortgeführter Lohnzahlung aus dem Ausland und rechtlicher Zugehörigkeit (Arbeitsvertrag) zur Konzerngesellschaft im Ausland.

Der faktische Arbeitgeber mit Sitz in der Schweiz wird als Quellensteuerschuldner qualifiziert und muss Quellensteuern abrechnen.

 

Informationsbedarf und Rulings

Um korrekt abrechnen zu können, benötigen die Arbeitgeber eine Vielzahl von Informationen (zu den Besonderheiten bei Teilzeitangestellten siehe bereits oben). So müssen Mitarbeitende seitens der Arbeitgebenden sensibilisiert werden, über alle Tatsachen zu informieren, die für den Tarif relevant sein könnten. So ist für eine Quellenbesteuerte nicht ohne Weiteres klar, dass ihr Arbeitgeber Kenntnis davon haben muss, wenn ihr Ehemann neu eine Stelle angetreten hat. Ein weiteres Beispiel wäre die Geburt des im Ausland geborenen und lebenden Kindes.

Auch eine Überprüfung allfällig vorhandener Steuerabkommen (sog. Rulings) zwischen Arbeitgeber und der Steuerbehörde ist im Zuge der Revision sehr empfehlenswert. Wenn solche bestehen, verlieren sämtliche Steuervereinbarungen, die den Neuerungen der QStV beziehungsweise dem KS 45 widersprechen, ihre Wirkung und sollten daher vorgängig neu verhandelt werden.

 

Ausserordentliche Zahlungen

Gewisse Präzisierungen und Neuregelungen betreffen auch Zahlungen vor Antritt oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder vom Arbeitgeber übernommene Leistungen wie AHV-Arbeitnehmerbeiträge, Berufskosten oder Quellensteuern. Auch dazu nimmt das KS 45 explizit Stellung und erleichtert somit das Verständnis mit detaillierten Erklärungen für Arbeitgeber und Steuerämter.

 

Das Wichtigste in Kürze:

Im Zusammenhang mit der überarbeiteten Quellensteuerverordnung sollte Folgendes beachtet werden:

  • Bestehen Vereinbarungen (Rulings) mit Steuerbehörden betreffend Quellensteuern?
  • Werden Umstellungen notwendig und können die Lohnsysteme diese verarbeiten – insbesondere bei Teilzeitmitarbeitenden und allenfalls Mitarbeitenden mit bisherigem Tarif D oder O?
  • Wird bereits mit den korrekten Abrechnungskantonen abgerechnet?
  • Wurden die Quellenbesteuerten darüber instruiert, welche Angaben sie dem Arbeitgeber zwingend machen müssen?

 

 

 

Picture: Courtesy by Pixabay/iXimus