Im Rahmen der Umfrage von Expateer, Mirta Del Frari, zum Thema «Work From Anywhere» wurden auch verschiedene Fragen in Zusammenhang mit Sozialversicherungen/Versicherungen gestellt. Auf einige der Fragen möchten wir kurz eingehen.
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Grundzüge der sozialversicherungsrechtlichen Zuordnung im Verhältnis Schweiz-EU/EFTA
Im Verhältnis Schweiz-EU/EFTA findet das FZA, das Freizügigkeitsabkommen mit der EU Anwendung, welches auf die EFTA Staaten ausgedehnt worden ist. Dieses Abkommen gilt nur für Personen mit Schweizer oder EU/EFTA Staatsbürgerschaft. Der zentrale Grundsatz lautet, dass eine erwerbstätige Person nur einem Sozialversicherungssystem unterstellt wird, auch wenn diese in mehreren Staaten tätig ist. Ein anderer wichtiger Grundsatz ist das Erwerbsortprinzip (Sozialversicherungspflicht am Erwerbsort). Es spielt zudem eine Rolle, ob es sich um eine selbständige oder unselbständige Tätigkeit handelt und ob mehrere verschiedene Arbeitgeber involviert sind. Für die Zuordnung wurden Koordinationsregeln geschaffen.
Wenn eine erwerbstätige Person bei Mehrfachtätigkeit in verschiedenen Ländern (aber nur für einen Arbeitgeber), im Wohnsitzstaat einen wesentlichen Teil seiner Tätigkeit ausübt (≥ 25%) ist sie dort sozialversicherungspflichtig ansonsten ist sie im Staat in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat zu versichern.
Eine regelmässig abwechselnde Tätigkeit zwischen «Homeoffice» (Feriendomizil/Wohnsitz im Ausland) und dem Arbeitsplatz Schweiz gilt z.B. als Mehrfachtätigkeit. Hier ist die 25%-Regel zu beachten.
Aus Schweizer Sicht bilden die kommenden 12 Monate die Basis für die Anwendung der jeweiligen Rechtsvorschriften. Zuständig für die Zuordnung ist der Wohnsitzstaat.
Basierend auf dieser Regelung kann also ein Mitarbeitender, welcher aus seinem Feriendomizil in Südfrankreich für seinen Arbeitgeber in der Schweiz arbeitet, in Frankreich sozialversicherungspflichtig werden.
Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen (25%-Regel) ist die Entsendung. Hier bleibt der Erwerbstätige für eine limitierte Zeit im Heimland weiter versichert. Auch eine «einmalige» Home-Office Tätigkeit im Ausland kann als Entsendung betrachtet/deklariert werden, sofern der Arbeitgeber damit einverstanden ist.
Sozialversicherungsunterstellung ohne lokalen Arbeitgeber
Erfolgt die sozialversicherungsrechtliche Unterstellung gemäss unserem Beispiel im Feriendomizil (Homeoffice in Frankreich), dann gibt es diverse Herausforderungen. Neben arbeitsrechtlichen und steuerlichen Fragen (z.B. auch Betriebsstätte ja oder nein), geht es um die Frage der Abwicklung der Sozialversicherungen.
Der Aufwand ist je nach Land unterschiedlich aber er ist immer gross! In der Regel ist es ratsam, einen Partner vor Ort einzuschalten, z.B. einen Payroll-Provider oder Treuhänder. Es ist aber auch denkbar, dass der Arbeitgeber selbst mit Hilfe der/des Angestellten die Abwicklung an die Hand nimmt. Die Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge kann in den meisten Ländern entweder durch den Arbeitgeber erfolgen (respektive Payroll-Provider/Treuhänder) oder kann vom Mitarbeitenden selbst vorgenommen werden. Der Arbeitgeber bezahlt dann die Arbeitgeberbeiträge dem Mitarbeitenden aus, welche dieser zusammen mit den Arbeitnehmerbeiträgen entrichtet. Verantwortlich für die korrekte Durchführung bleibt der Arbeitgeber.
Fehlende Beitragsjahre in der AHV führen zu einer Reduktion der AHV-Altersrente! Ob diese Einbusse durch eine anteilige Altersrente aus Frankreich (unser Bsp.) wettgemacht werden kann, ist ungewiss.
Neben den Sozialversicherungen stellt sich die Frage nach der beruflichen Vorsorge. Auch wenn lokal keine gesetzliche Verpflichtung für eine berufliche Vorsorge bestehen sollte, braucht es meist eine zusätzliche Abdeckung für die Risiken Tod, Invalidität sowie Altersvorsorge. Denn weder BVG noch UVG können in der Schweiz beibehalten werden. Dies kann herausfordernd sein. Steuerlich privilegierte Versicherungslösungen müssen zudem lokal abgeschlossen werden. Ein französischer Versicherer kann oder will mit einem Versicherungsnehmer (Firma) in der Schweiz in der Regel keinen Vertrag abschliessen. Somit sind steuerbegünstigte Lösungen über den Arbeitgeber meist nicht möglich. In Frage kommen lokale Einzellösungen, welche aber unter Umständen steuerlich nicht gleich privilegiert sind und bei denen eine individuelle Risikoprüfung erfolgt (Mitarbeitender muss gesund sein!). Alternativ könnten auch Expat-Versicherungslösungen genutzt werden. Aber auch diese sind steuerlich nicht privilegiert.
Fazit
Nur schon aus Sozialversicherungssicht ist WFA eine echte Herausforderung und «teuer». In Einzelfällen mag es geschäftspolitisch keine Alternative dazu geben. Dem Mitarbeitenden WFA als eine Art «Fringe Benefit» anzubieten, muss man sich als Arbeitgeber gut überlegen. Es gilt die Duty of Care, der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass er den Mitarbeitenden korrekt und ausreichend im «Ausland» versichert und selbstverständlich auch alle anderen gesetzlichen Anforderungen in Bezug auf Arbeitsrecht und Steuern erfüllt.
Übrigens
Letzte Woche hat nun auch Zypern bekannt gegeben, sogenannte „Remote Work Visa“ zu vergeben. Details hier.
The Collection… Hier alle bis anhin erstellte Beiträge zu WFA:
Sozialversicherungen: Ausnahmevereinbarung für Grenzgänger (Fristen wurden kontinuierlich verlängert)
Picture: Courtesy of Pixabay/AmarilyMoreno